"Irgendwer kümmert sich schon"
- 10.05.2025
- München
Ein Rückblick auf den Bundeskongress DIVE'25 unserer VDID Vizepräsidentin Linda Schmidt.
Der Dive'25 vom 8.-10. Mai 2025 in München war ein voller Erfolg. Die Bandbreite der Vorträge und Paneldiskussionen war enorm vielfältig, stets tiefgründig und voller spannender Impulse. Es war eine Erfahrung, die mich persönlich beseelt nach Hause fahren ließ
Was ich als zentrales Fazit mitnehmen möchte: Diese Konferenz hat uns Designerinnen und Designer noch stärker zusammengeschweißt. In Zeiten der digitalen Transformation und angesichts der aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen ist eine gemeinsame Stimme umso wichtiger. Nur gemeinsam können wir nachhaltige Veränderungen bewirken.
Im Zuge der Veranstaltung hatte ich die Gelegenheit, zusammen mit Kim Lauenroth und Martina Beck auf der Bühne zu stehen, um über Digital Design zu diskutieren. Für uns drei ist das eine Herzensangelegenheit – gemeinsam macht es umso mehr Freude. Diese Zusammenarbeit hat mir erneut vor Augen geführt, wie wichtig Vernetzung und gemeinsames Engagement in unserem Fachbereich sind.
Auch Luisa Neubauer fand in ihrem Impulsvortrag und ihrer Paneldiskussion kurze, prägnante Worte, die im Zeitgeist tief verwurzelt sind: »Ich habe irgendwann ein Fragezeichen gesetzt hinter die Annahme ‚Irgendwer kümmert sich schon‘. Und dann fallen einem ganz viele Dinge ein, die eine Person mitbringen müsste, um sich zu kümmern. Diese Person gibt es nicht – das bin immer ich selbst. In allen Krisen ist es vielleicht die größte Freiheit, hinzuschauen und es zu versuchen.« Diese Haltung passt auch wunderbar zu unserer Diskussion um Digital Design – es liegt an uns, Verantwortung zu übernehmen und aktiv zu gestalten.
Der digitale Wandel ohne ausreichende Designkompetenz ist eine Herausforderung, die wir adressieren müssen. Im Software Engineering war die Konzeption lange essenziell, doch mit der Agilität sind diese Phasen oft verloren gegangen. Teams starten heute unmittelbar mit Codierung und produzieren häufig digitalen Müll – Ressourcenverschwendung, weil Gestaltung und Nutzerzentrierung zu kurz kommen. Dr. Martina Beck beschreibt das: „Man startet schnell in die Codierung und baut jede Menge digitalen Müll. Im Gegensatz zu physischen Produkten sind diese Fehler im Digitalen nicht sichtbar, was die Bedeutung von Design weiter in den Hintergrund drängt.“ Dabei zeigt sich: Obwohl die technischen Kompetenzen in der Branche vorhanden sind, fehlt es bisher an einer gemeinsamen, übergreifenden Gestaltungs-Kompetenz. Dr. Kim Lauenroth erklärt, dass unter anderem durch Initiativen wie das Digital Design Manifest diese Lücke erkannt wird.
Ich hob hervor, dass es nicht nur um technische Fähigkeiten geht, sondern auch um den Mut, über die reine Gestaltung hinaus BWL und Management zu verstehen: „Manager und Entscheider müssen lernen, Design zu verstehen. Es reicht nicht, dass nur Designer es können – auch die Führungsebene muss Kompetenzen aufbauen, um fundierte Entscheidungen treffen zu können.“ Nur so können wir es schaffen, Ressourcenverschwendung im digitalen Raum zu verringern, wie Dr. Beck feststellt: „Nur 22 % aller IT-Projekte sind erfolgreich, der Rest ist teuer und ineffizient. Digitaler Müll ist für mich Software, die gebaut, aber nie genutzt wird.“ Das zeigt, wie essenziell eine ganzheitliche und nutzerzentrierte Herangehensweise ist.
Die Bedeutung der akademischen Ausbildung wächst ebenfalls: 2018 startete in Dänemark der erste Master in Digital Design, inzwischen gibt es vergleichbare Studiengänge in Deutschland und ganz Europa, die den Beruf professionalisieren und Weiterentwicklung ermöglichen. Gleichzeitig fordert die zunehmende Technologisierung auch Einsatz auf Management- und Politik-Ebene: „Europa muss aktiv an der Gestaltung von KI und Technologie mitwirken – nicht nur durch Chips, sondern durch bewusstes Design.“ So wird Design auch zur strategischen Kompetenz in globalen Macht- und Innovationskontexten.
Nicht zuletzt macht die Veranstaltung deutlich, dass echte digitale Qualität oft an ihrer Nutzerzentrierung und Einfachheit gemessen wird. Wie Kim Lauenroth sagt: „Gutes Digitales merkt man erst, wenn es funktioniert.“ Das Beispiel des effizienten Wärmepumpen-Fördermittelantrags zeigt, wie erfolgreiche Digitalisierung im Alltag sichtbar wird – durch funktionierende, ganzheitliche und nutzerfreundliche Software.
Insgesamt hat Dive25 bewiesen, dass wir Designerinnen und Designer eine starke Gemeinschaft sind. Nur gemeinsam, mit einer klaren Stimme, können wir in Zeiten der digitalen Transformation die Weichen richtigstellen. Das gegenseitige Lernen, die Vernetzung und der Austausch von Ideen sind dazu essenziell. In zwei Jahren wird es den nächsten Dive Bundeskongress geben – der Auftakt ist gemacht, und wir sind auf einem guten Weg.
Wer die Veranstaltung verpasst hat, dem sei ans Herz gelegt, die Vorträge und Diskussionen im Nachhinein nachzulesen. Im Live-Blog sind die Diskussionen und Vorträge vorhanden: Live-Blog by Heike Rost | Designtag Die positiven Eindrücke, das Engagement und der Humor der Teilnehmenden, unter anderem des VDID, haben diese Tage unvergesslich gemacht und gezeigt, wie kraftvoll eine vernetzte Designgemeinschaft sein kann.
Abschließend möchte ich noch einmal betonen: Der digitale Wandel ist eine Herkulesaufgabe, bei der Gestaltung eine Schlüsselrolle spielt. Es liegt an uns, aktiv Verantwortung zu übernehmen, Räume für Innovation zu schaffen und den Anspruch an nutzerorientierte, nachhaltige Lösungen stetig zu erhöhen. Nur so können wir eine digitale Zukunft gestalten, die nicht nur technologisch, sondern auch menschlich überzeugt.
Besonders möchte ich dem gesamten Team des Deutschen Designtags e.V. (DT) danken, allen voran Boris Kochan und Irmgard Hesse, die diese Veranstaltung mit großem Engagement realisiert haben. Ihr habt euch gekümmert. Top of Form
Linda Schmidt, VDID Vizepräsidentin
Impressionen zur Veranstaltung
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