Brot und Spiele 1972 - 50 Jahre danach?
- 26.08.2022
Olympia als Politikum, Olympia als Utopie, Olympia als Big Business – zum 50. Jubiläum der Olympischen Sommerspiele München 1972
Für die Spiele der XX. Olympiade vom 26. August bis zum 11. September 1972 in München schuf Otl Aicher mit seinem Team ein allumfassendes Gestaltungssystem mit dem Regenbogen als Farbpalette und einem Dackel als Maskottchen. Unpathetisch und ohne Züge von nationaler Arroganz sollte ein Deutschland gezeigt werden, welches den olympischen Gedanken des freundschaftlichen Miteinanders der Nationen lebt.
Die Utopie von der „Jugend der Welt“, die sich zu heiteren Spielen in einem toleranten Land trifft, erstarb im palästinensischen Terroranschlag auf die israelische Mannschaft. Dass die Spiele daraufhin nicht abgebrochen wurden, führte weltweit zu kritischen Diskussionen über das moralische Verantwortungsbewusstsein des IOC. Es wurde ein weiteres Mal deutlich, welche politische Dimension die Olympischen Spiele besitzen und wie sie sich für die Austragung internationaler Konflikte instrumentalisieren lassen.
Zwölf Olympiaden später haben wir Spiele gesehen, die mit einem Jahr Verspätung aufgrund weltweiter Pandemie ohne Zuschauer stattfanden. Olympia wurde nach München weiter politisiert und kommerzialisiert. „The games must go on“, die Aussage von Avery Brundage nach dem Attentat hat eine scheinbar ewige Gültigkeit bekommen.
Die Debatte über den Status quo der olympischen Bewegung und ihrer Ideale begleitet uns seit Jahrzehnten. Das öffentliche Image, nicht erfüllte Nachhaltigkeitsversprechen und nicht zuletzt eine sich neu justierende Weltordnung stellen grundsätzliche Fragen über die Zukunft der Spiele und ihre gesellschaftliche Akzeptanz.
Am 26. August 2022, auf den Tag genau fünfzig Jahre nach der Eröffnung der Spiele in München, lädt das IDZ zu einem Vortrag mit anschließender Podiumsdiskussion in die Berliner Akademie der Künste am Pariser Platz ein.
19:00 Uhr Begrüßung: Prof. Fritz Frenkler und Prof. Karsten Henze
19:20 Uhr Vortrag: Karsten de Riese, Fotograf
Geboren 1942 in Eisenach. Ausbildung zum Fotografen in München, anschließend Studium an der Hochschule für Gestaltung (HfG) in Ulm. Freiberufliche Arbeit für Wochenzeitungen und Zeitschriften, Institutionen und Wirtschaftsunternehmen sowie an eigenen Projekten. 1969 bis 1972 offiziell beauftragter Fotograf des OK der Olympischen Spiele in München. Zusammenarbeit mit Otl Aicher bis zu dessen Tod 1991. Wichtig ist ihm bei all seinen Arbeiten, insbesondere seinen Langzeitprojekten, im weitesten Sinne immer der Mensch. Karsten de Riese lebt im Isartal südlich von München.
Der offiziell beauftragte Fotograf des Organisationskomitees der Olympischen Spiele 1972 zeigt seine Sicht auf das Entstehen einer Utopie – einer Vision als Gegenentwurf zu Berlin 1936 und zu Spielen der Gegenwart wie 2022 in Peking. De Riese war aufmerksamer Beobachter vor und hinter den Kulissen und begleitete die Spiele und ihre Protagonisten, u. a. Otl Aicher, Willi Daume wie auch die Funktionäre des IOC und seinen Präsidenten Avery Brundage. Seine Aufnahmen zeigen Sportstätten, die nicht als reine Zweck-Architektur dienten, sondern als Kulisse für ein olympisches Fest mit seinem besonderen Geist erschaffen wurden. Die Spiele von 1972 präsentieren sich als ein zeitloses und bis heute einmaliges interkulturelles, völkerverbindendes Ereignis, bei dem die Welt im besten Sinne zu Gast war.
20:00 Uhr Podiumsdiskussion mit:
Dr. Benjamin Bendrich, Sportwissenschaftler und -lehrer, Blogger: derballluegtnicht.com
Dajana Eitberger, Rennrodlerin, Gewinnerin der Olympischen Silbermedaille in Pyeongchang 2018, Präsidiumsmitglied der unabhängigen Athleten-Vertretung „Athleten Deutschland“
Dr. Tobias Hoffmann, Direktor des Bröhan-Museums, Kurator der Ausstellung „Otl Aicher. Olympia 72“, 26. August bis 30. Oktober 2022
Uwe Ritzer, Reporter bei der Süddeutschen Zeitung, Co-Autor von „Die Spiele des Jahrhunderts: Olympia 1972, der Terror und das neue Deutschland“, dtv, München 2021
Moderation: Okka Gundel, Journalistin, Fernsehmoderatorin und Autorin / WDR, ARD
21:30 Uhr Get-together
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