Design Awards als Resonanzräume
- 07.10.2025
- Quelle: Redaktion
Zwischen Anerkennung, Förderung und Verantwortung
Design Awards prägen Karrieren, Netzwerke und Narrative. Doch sie sind längst mehr als Auszeichnungen für ästhetische Gestaltung. Ebenso sind sie Spiegel einer Branche im Wandel. Zwischen Anerkennung, Förderung und Kommerz bewegen sie sich in einem Spannungsfeld, das Designer:innen immer wieder neu bewerten müssen.
In den vergangenen Jahren wurden meine Arbeiten mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem renommierten Red Dot Award. Die erste Auszeichnung war vor allem ein Moment der Ermutigung, den eigenen Weg weiterzugehen. Doch Awards sind mehr als Trophäen. Sie sind Lernräume und manchmal auch kleine Realitätschecks.
Das Feld der Wettbewerbe hat sich stark verändert. Heute gibt es eine kaum überschaubare Zahl an Awards, national wie international, in unterschiedlichsten Kategorien. Einige davon sind mit teils horrenden Teilnahmegebühren verbunden. Das wirft Fragen auf: Wie viel ist Sichtbarkeit wert? Wann wird Anerkennung zum Geschäftsmodell? Und was bleibt vom ursprünglichen
Anspruch, gute Gestaltung zu fördern?
Ich halte es für wichtig, diese Strukturen kritisch zu hinterfragen, ohne ihren Wert zu verneinen. Richtig eingesetzt können Awards Türen öffnen, Netzwerke schaffen und Diskussionen über die gesellschaftliche Rolle von Design anstoßen. Viele Wettbewerbe richten sich allerdings weniger an Designer:innen selbst, sondern an Unternehmen, die sie gezielt für ihre Markenkommunikation nutzen. Umso wertvoller sind Formate, die Förderung vor Kommerz stellen. Der Bundespreis Ecodesign etwa gilt als glaubwürdige und unabhängige Auszeichnung. Er bewertet Gestaltung ganzheitlich – von der Idee bis zum Lebenszyklus eines Produkts. Ein weiteres Beispiel ist das German Design Graduates Programm des Rat für Formgebung, das den Nachwuchs über Kooperationen, Mentoring und Ausstellungen unterstützt. Hier steht nicht der Wettbewerb im Mittelpunkt, sondern die Weiterentwicklung von Ideen. Das Programm versteht sich als Sprungbrett statt als Schaufenster.
Ein ähnlicher Gedanke steckt auch hinter dem VDID New Talents Award, bei dem ich in der Jury mitwirken durfte. Das VDIDlab-Team organisierte die Jurierung selbst und setzte eigene Schwerpunkte, um sich von anderen Awards abzuheben. Das Ergebnis war eine jüngere, diversere Jury. Eine Studie des Deutschen Designtag zeigt deutlich, wie notwendig mehr Diversität in Jurys ist. Zwischen 2020 und 2021 waren über 70 Prozent der Jurymitglieder in Designwettbewerben männlich. In den Jahren 2022 und 2023 lag der Anteil immer noch bei rund 60 Prozent. Viele Jurys weisen ein deutlich unausgeglichenes Geschlechterverhältnis zu Ungunsten von Frauen auf. Preise, die von einer vielfältig besetzten Jury vergeben werden, spiegeln auch ein breiteres Verständnis von Design und Relevanz wider. Dabei geht es nicht nur um den Anteil weiblicher Jurymitglieder, sondern auch um das Verhältnis von People
of Color zu weißen Menschen und um die Repräsentation von Designer:innen mit Beeinträchtigungen. Diese Aspekte zeigen, wie groß der Handlungsbedarf für mehr Diversität und Repräsentation im Design bleibt.
Die eingereichten Projekte im VDID New Talents Award haben eindrucksvoll gezeigt, wie selbstverständlich Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und soziale Verantwortung heute fester Bestandteil des Gestaltungsprozesses sind. Viele junge Designer:innen verstehen Design nicht mehr nur als Produkt, sondern als Werkzeug für Veränderung. Diese Haltung zu erleben, war inspirierend und hat mir einmal mehr gezeigt, wie reflektiert die neue Gestalter:innengeneration denkt.
Auch die Kommunikation spielt dabei eine zentrale Rolle. Gute Projekte überzeugen nicht allein durch ihre Idee, sondern durch ihre Vermittlung. Drei aussagekräftige Bilder und eine klare Beschreibung können oft mehr bewirken als ein komplexes Konzept. Wer ein Projekt einreicht, lernt, seine Gedanken präzise zu formulieren und visuell verständlich zu machen. Diese Fähigkeit gehört ebenso zur gestalterischen Kompetenz wie die Idee selbst.
Aus der Perspektive beider Rollen sehe ich Awards als Resonanzräume. Sie bieten jungen Designer:innen die Möglichkeit, sich auszuprobieren, zu positionieren und in Austausch zu treten. Gleichzeitig fordern sie gestandene Gestalter:innen heraus, den eigenen Blick zu erweitern. Gute Awards machen Haltung sichtbar. Sie fördern Austausch, reflektieren Werte und stärken das Bewusstsein für Verantwortung im Design. Am Ende zählt nicht der Preis, sondern das, was er in Bewegung setzt.
Marvin Kasper, VDID Mitglied
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