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Resultate aus VDIDfragt 2024

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  • 05.05.2025
  • Quelle: Redaktion

Zwischen Unsicherheit und Aufbruch

Wie steht es 2024 um die wirtschaftliche Lage von Industriedesigner:innen in Deutschland?

Die Ergebnisse der Umfrage „VDIDfragt 2024 – Zur wirtschaftlichen Lage der Industriedesignbranche“ - zeigen überraschende Einblicke, strukturelle Schwächen – und legen konkrete Handlungsansätze für die Zukunft der Designbranche nahe. Der Fachbeitrag von Linda Schmidt beleuchtet, wo wir stehen – und was sich ändern muss.

Von der Transformation der Industrie bis zur Kreislaufwirtschaft: Industriedesign bewegt sich an der Schnittstelle von Technik, Wirtschaft und Gesellschaft. Doch wie steht es um die wirtschaftliche Realität der Menschen, die diese Entwicklungen mitgestalten? Die Umfrage „VDIDfragt 2024“ wirft einen detaillierten Blick auf die wirtschaftliche Lage von angestellten, selbstständigen und studierenden Industriedesigner:innen in Deutschland – und zeigt ein durchwachsenes, aber erkenntnisreiches Bild.

1. Ein Berufsbild im Wandel: Wer gestaltet eigentlich?
Die demografische Verteilung zeigt: Der Großteil der befragten Designer:innen ist zwischen 25 und 60 Jahre alt – mit einem Schwerpunkt in der Altersgruppe 40–60. Das spiegelt ein Berufsfeld wider, das Erfahrung und Spezialisierung voraussetzt. Gleichzeitig zeigt sich ein männlich dominierter Beruf (62 % männlich, 38 % weiblich), wobei unter Studierenden der Frauenanteil bereits bei 67 % liegt – ein möglicher Indikator für einen Wandel in der kommenden Generation.
Insgesamt ist das Berufsfeld breit aufgestellt: Industriedesigner:innen arbeiten heute in klassischen Branchen wie Maschinenbau, Konsumgüterindustrie oder Möbeldesign ebenso wie im digitalen Raum (UX/UI), in der Medizintechnik oder im Public Design. Die Anforderungen steigen – ebenso wie die Vielfalt der Themen: Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft, KI, Human-Centered Design und Materialinnovation prägen die Arbeitspraxis.

2. Verdienen, arbeiten, wachsen – aber wie gut?
Die wirtschaftliche Lage unterscheidet sich stark nach Beschäftigungsform. Während angestellte Designer:innen meist zwischen 35.000 und 60.000 € brutto jährlich verdienen, erreichen Designmanager:innen und In-House-Führungskräfte teils deutlich höhere Gehälter – bis 150.000 €. Gleichzeitig zeigt sich: Rund 43 % der angestellten Designer:innen geben an, mit ihrem Gehalt nicht zufrieden zu sein. Nur etwa ein Drittel konnte im letzten Jahr eine Gehaltserhöhung verzeichnen.
Im selbstständigen Bereich sind die Einkommensunterschiede noch größer. Zwar gibt es Fälle mit persönlichen Gewinnanteilen über 120.000 €, aber der Anteil derer, die unter 45.000 € jährlich bleiben, ist hoch. Besonders auffällig: Bei Solo-Selbstständigen liegt die durchschnittliche Angebotssumme für Designleistungen in 91 % der Fälle unter 25.000 € – bei oft gleichzeitig hohem Projektaufwand und zunehmendem Preisdruck.
Auch die Zukunftserwartungen sind gemischt: Rund die Hälfte der Befragten rechnet mit stagnierendem oder rückläufigem Umsatz. Investitionen werden eher zurückhaltend getätigt – Weiterbildung, Marketing und Software sind die häufigsten Posten.

3. Herausforderungen: Preisdruck, Komplexität und das Ringen um Relevanz
Zentrales Ergebnis der Umfrage sind die konkreten wirtschaftlichen Herausforderungen, die Designer:innen im Projektalltag nennen:
- steigender Kostendruck (Material, Energie, Personal),
- knappe Budgets und kurze Projektlaufzeiten,
- mangelnde Akzeptanz von Designleistungen,
- schlechte Zahlungsmoral mancher Kunden
- und ein wachsender Wettbewerb durch branchenfremde Akteure.
Zugleich wird das Spannungsfeld zwischen hoher gestalterischer Qualität und wirtschaftlicher Effizienz immer deutlicher. Der Wunsch nach ganzheitlichem Arbeiten steht nicht selten im Kontrast zur Realität fragmentierter Projekte, schlanker Teams und limitierter Ressourcen. Auch die systemische Integration von Design – also die frühe, strategische Einbindung in Entwicklungsprozesse – bleibt vielerorts aus.

4. Design in der Ausbildung: Zukunft gestalten – aber mit welcher Perspektive?
Die befragten Studierenden beschäftigen sich intensiv mit Nachhaltigkeit, Ethik, Materialforschung und der Rolle von Design im gesellschaftlichen Wandel. Doch trotz dieser inhaltlichen Breite fühlen sich viele nur unzureichend auf den Berufseinstieg vorbereitet. Über 60 % wissen noch nicht, in welchem beruflichen Umfeld sie nach dem Studium arbeiten möchten. Besonders auffällig: Ein Drittel der Pflichtpraktika wird mit weniger als dem gesetzlichen Mindestlohn vergütet – ein deutliches Signal, dass auch im Bildungsbereich bessere Standards notwendig sind.

5. Nutzungshonorare und unternehmerisches Denken: Ein Potenzial mit Hürden
Ein Blick auf die Abrechnungsmodelle zeigt: Das Nutzungshonorar spielt in der Praxis weiterhin eine untergeordnete Rolle – trotz seines Potenzials, die wirtschaftliche Lage selbstständiger Designer:innen zu verbessern. Die meisten arbeiten projektbasiert, mit Pauschalen oder Einzelverträgen. Nur wenige Unternehmen generieren mehr als 30 % ihres Umsatzes über Nutzungshonorare. Rahmenverträge oder Lizenzmodelle bleiben die Ausnahme.
Das zeigt: Es besteht weiterhin Informations- und Handlungsbedarf, wenn es darum geht, unternehmerische Aspekte stärker in das Designverständnis zu integrieren. Auch eine verbesserte Verhandlungskompetenz und ein stärkeres Bewusstsein für den wirtschaftlichen Wert von Gestaltung sind gefragt – sowohl auf Seite der Designer:innen als auch bei Auftraggebenden.

6. Fazit: Design braucht wirtschaftliche Stabilität – und strategische Sichtbarkeit
Die Ergebnisse der Umfrage zeichnen ein realistisches Bild: Industriedesign ist ein anspruchsvolles, aber wirtschaftlich oft fragiles Feld. Es ist geprägt von wachsender Komplexität, hohem inhaltlichem Anspruch – aber auch von Unsicherheit und unterdurchschnittlicher Vergütung, insbesondere im selbstständigen Bereich.
Was es jetzt braucht, ist eine neue Balance: zwischen gestalterischem Anspruch und wirtschaftlicher Realität, zwischen Kreativität und Kalkulation. Design muss als strategische Ressource verstanden – und entsprechend honoriert – werden. Politik, Wirtschaft und Bildung sind gefordert, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Gestaltenden nicht nur Verantwortung übertragen, sondern auch Spielraum und wirtschaftliche Sicherheit ermöglichen.

Ausblick
Die Umfrage „VDIDfragt 2024“ liefert wichtige Erkenntnisse – und einen klaren Auftrag: Wenn Design auch in Zukunft Impulsgeber für Innovation, Nachhaltigkeit und gesellschaftlichen Wandel sein soll, braucht es eine stärkere ökonomische Basis und strukturelle Anerkennung. Die wirtschaftliche Realität der Designer:innen darf kein blinder Fleck bleiben – weder in der Politik noch bei Auftraggebenden oder in der Ausbildung. Der VDID wird die gewonnenen Daten nutzen, um gezielt Impulse zu setzen: für bessere Rahmenbedingungen, faire Vergütungsmodelle und eine Kultur, in der Gestaltung als wirtschaftlicher und strategischer Faktor verstanden wird.
Denn wer Zukunft gestalten will, braucht nicht nur gute Ideen – sondern auch die wirtschaftliche Kraft, sie langfristig umsetzen zu können.

Linda Schmidt, VDID Vizepräsidentin

Impressionen

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    VDIDfragt 2024 - z.B. Demografie bei angestellten Designer:innen — © VDID

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