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Industriedesign für Investitionsgüter

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  • 23.04.2025
  • Quelle: Redaktion

Investitionsgüter sind das Rückgrat aller industrieller Prozesse – ohne Maschinen, die die Produkte unseres Alltags herstellen, würde es diese nicht geben. Egal ob es sich um das Geschirr im Schrank, den Stuhl, die Kleidung oder die eigene Zahnbürste handelt: Sie alle verbindet, dass sie heutzutage mithilfe von Maschinen in hocheffizienten Industrieprozessen gefertigt werden. Das passiert in modernsten Brennöfen, Spritzgussmaschinen oder Web- und Strickautomaten.
Investitionsgüter umfassen Maschinen, Anlagen und technische Geräte, die in der Produktion und Logistik zum Einsatz kommen – sichere und fehlerfreie Funktion, Effizienz und Wirtschaftlichkeit stehen im Vordergrund.

Warum Design für Investitionsgüter?
Moderne Fertigungsprozesse sind so komplex, dass sie für Außenstehende beinahe unverständlich sind. Es gibt Expert:innen, die genau wissen, wie diese Fertigungsprozesse im Detail funktionieren und welche Faktoren sie bestimmen - für die meisten Menschen bleiben sie jedoch eher diffus greifbar.
Das birgt zunächst Gefahren und Herausforderungen, die mithilfe von gutem Industriedesign erfolgreich gehoben und zu Assets und Alleinstellungsmerkmalen umgewandelt werden können.

1. Faktor Mensch:
Zuvorderst geht es um den Menschen an der Maschine – den Operator. Immer weniger industrielle Prozesse werden mit direkter Einwirkung des Menschen vollzogen. Während Menschen früher Maschinen aktiv bedienten, kommt ihnen heutzutage eher eine kontrollierende, steuernde und wartende Rolle zu. Ein wichtiger Faktor ist die Sicherheit aller im Produktionsumfeld befindlichen Menschen und ist damit eine zentrale Rolle im Design. Gut gestaltete Maschinen bieten höchste Bedienungssicherheit, während sie den bestmöglichen Einblick in den Prozess ermöglichen – denn: Die Produktionsprozesse werden zwar immer komplexer und sensorisch immer stärker abgefragt bzw. überwacht – Stichwort Industrie 4.0 – dabei allerdings auch immer spannender für Bedienende, Besucher:innen oder anderweitige Betrachter:innen. Zudem lassen sich eventuelle Fehler leicht und einfach visuell erkennen – auch wenn die Sensorik mal versagt.
Moderne Spritzgussmaschinen bieten heutzutage so viel Einblick in den Werkzeugbereich wie nie – obwohl der Automatisierungsgrad im Fertigungsumfeld höher ist denn je.
Zudem schafft es gutes Industriedesign die Ergonomie an der Maschine maßgeblich zu verbessern. Nicht alle Maschinen und Prozesse können vollautomatisch gefahren werden – hier wird es besonders relevant, überragende Ergonomie anzubieten, für maximalen Bedienkomfort, möglichst geringe körperliche Belastung und fehlerfreie Bedienung in sicherheitskritischen Situationen.
Natürlich ist auch eine zeitgemäße Bedienung essenziell: Wir sind geprägt von Smartphones oder Smart-TVs - nie war alltägliche Interaktion mit hochkomplexen Sachverhalten leichter als heute – eine Erwartungshaltung, die wir logischerweise an die Maschinen von heute herantragen: Moderne Maschinen überzeugen durch eine einfache, intuitive Usability (UX) und markengerechte Gestaltung der User Interfaces (UI). Im besten Fall leitet die Maschine die Bedienenden weitestgehend, entweder ausgehend vom User Interface oder direkt an den kritischen Bereichen durch Licht oder Poka Yoke (Prinzip der Fehlervermeidung).
Sekundär geht es um die Menschen, die mit der Maschine (auch nur peripher) in Berührung kommen: Die Menschen in der Fertigung, der Werksleiter, der einem potenziellen Kunden stolz die moderne Fertigung seines Unternehmens zeigt, der technische Einkäufer und die Fachabteilung, die abseits von Datenblättern entscheiden müssen, ob die Maschinen, den Beanspruchungen des Alltags auf die angenommene Maschinenlaufzeit gerecht werden und überdauern können.

Denn: Design schafft Vertrauen und damit Assets für Maschinenhersteller.
Vertrauen in die sichere und einwandfreie Funktion, Vertrauen in die Qualität und Wertigkeit eines Produktes, Vertrauen in die Werte des Maschinenherstellers – sei es die Qualität oder die höchste am Markt verfügbare Präzision, bis hin zur Verlässlichkeit, einen Ansprechpartner im Servicefall zu finden. Auch wenn die Maschinenbeschaffung höchst rational erscheint – am Ende treffen Menschen die Entscheidungen. Die Beurteilung von Maschinen und deren Potenzial, wird von allen im Entscheidungsprozess beteiligten Personen gefällt: Wie angenehm ist die Interaktion mit dem Vertrieb? Wie war der letzte Messeauftritt? Wie sieht die Demo-Maschine aus? Wie sind die technischen Outputs? Design ist kaufentscheidend.

2. Industriedesign ist ein markenprägender Innovationsmotor
All jene Unternehmen, die Industriedesign nicht nur frühzeitig, sondern Design auch als strategisches Mittel einsetzen, sind langfristig erfolgreicher. Das belegt zum Einen eine McKinsey Studie (Link: https://www.mckinsey.de/publikationen/2018-10-design-studie ) zum Thema, zum Anderen auch unsere Erfahrung aus dem Alltagsgeschäft.
Design treibt maßgeblich Innovationen voran: Neue Produktstrukturen, performantere Maschinen, wasserdichte und passiv entwärmte Laborgeräte oder kompaktere Anlagen können solche Ergebnisse sein, während der Wettbewerb noch mit Handicaps in seinen Produkten aufwartet. Maßgeschneidert auf die einzigartigen Nutzungskontexte der Produkte schafft es Design, komplett neue Lösungsansätze für Probleme zu finden und in Form von überlegenen Produkten zu materialisieren und gleichzeitig die Markenwerte zu untermauern. Gutes Industriedesign schafft Assets für Unternehmen – diese werden als innovativer, qualitativ hochwertiger und glaubwürdiger wahrgenommen - Eigenschaften, die sich mittelfristig auszahlen und helfen, langfristig starke Marken aufzubauen.
Dabei profitieren Unternehmen, die mit erfolgreichen Designbüros zusammenarbeiten von branchenübergreifendem Know-How und liefern stets aktuelle Entwicklungen, egal ob es vernetzte Systeme und Maschinen nach Industrie 4.0 oder modernste Interfaces sind - Design schafft diese Technologie verständlich und sichtbar zu machen. Oder im Falle von Predicitve Maintenance, die gesammelten Datenmengen klar und einfach den Bedienenden zu kommunizieren. Innovative Produkte und gutes Produktdesign gehen Hand in Hand und bieten einen wahren Wettbewerbsvorteil – insbesondere im Industrieumfeld.

3. Industriedesign bestimmt Kostenfaktoren
Gutes Industriedesign ist kosteneffizient: Es berücksichtigt nicht nur die zur Verfügung stehenden Fertigungsmöglichkeiten, sondern schöpft diese effizient und kreativ aus.
 „Design to cost“ ist als unser zentraler Ansatz bei kostensensitiven Produkten ein wichtiges Kriterium. Eine neue Maschine kann bei neuem Design kostenneutral entwickelt werden. Design kann sogar als kostensenkender Faktor in die Entwicklung mit einfließen. Durch intelligente Produktgestaltung lässt sich die Produktstruktur entsprechend beeinflussen: Geringerer Footprint, ein modularer Aufbau vereinfacht die Beschaffung, Lagerhaltung, sowie Service- und Montageprozesse und verkürzt somit zeitrelevante Abläufe.
Gezielte Gleichteilverwendung schafft Stückzahleneffekte, reduziert Lagerhaltung und vereinfacht die Wartung – ob es sich um einen Sensor oder um ganze Baugruppen handelt.
Gutes Industriedesign beeinflusst die Serviceability – wenn jede Minute zählt, ist ein intuitiv verständliches und übersichtlich aufgebautes Produkt klar im Vorteil. Moderne Produkte können mit Hilfe von Signallicht direkt die kritischen Bereiche anzeigen und verkürzen mit Hilfe von modularem Aufbau, signifikant die Down-Time und somit den Produktionsausfall.

4. Nachhaltigkeitsfaktoren
Mit Investitionsgütern gehen lange Produktlebenszyklen einher, genauso wie Modularität, die Verwendung von Standardkomponenten; gute Wartbarkeit, gute Ersatzteilversorgung und eine langlebige und einsatzgerechte Materialwahl. Buzzwords der jüngeren Nachhaltigkeitsdebatte sind bei Investitionsgütern inhärent. Trotzdem verschärfen sich auch hier die legislativen Anforderungen und erzeugen immer neue und anspruchsvollere Themenkomplexe: geringerer Energieverbrauch, ressourcenschonende und materialsparende Produkte werden sowohl aus Gesichtspunkten der Nachhaltigkeit als auch aus kaufmännischer Perspektive immer mehr in den Fokus rücken. Alte Gewissheiten und etablierte Prozesse sowie Produktstrukturen können in Zukunft weder dem globalen Wettbewerbs- und Preisdruck standhalten, noch immer strenger werdenden Nachhaltigkeitsstandards gerecht werden. Dem kann durch den gezielten Einsatz von Design und innovativem Engineering u.a. durch Modularität und Gleichteilverwendung begegnet werden.

5. Berufsbild Industriedesigner
Industrie- oder Produktdesigner:innen sind per Definition Gestaltende von industriell erzeugten Produkten.
Nicht das Einzelstück oder die Kunst um des eigenen Ausdrucks Willen steht im Vordergrund – sondern der Industriekunde mit seinen Anforderungen, ein marktfähiges Produkt zu erzeugen.
Sei es der Möbelhersteller mit einer Gießkanne im Spritzguss- oder als Blasformprozess, oder der Maschinenhersteller mit seinem hochkomplexen Produkt, bestehend aus mehreren Tausend Bauteilen: ohne das Verständnis für Stückzahlen, Herstellungsprozesse und sinnvoll in Frage kommende Materialien, lässt sich keine seriöse Gestaltung betreiben.
In diesem Berufsfeld sind Menschen mit starkem Verständnis für Herstellbarkeit, Materialgerechtigkeit und industrielle Prozesse (u.a. Montage- oder Lagerhaltungsprozesse) gefragt und gefordert.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass professionelles Industriedesign für Unternehmen von Investitionsgütern die Möglichkeit bietet, sich klar in einem hart umkämpften Markt zu differenzieren. Es geht dabei um die Optimierung des gesamten Produktes, vom Markenauftritt, der Wertigkeit, über innovative Ansätze sowie Lösungen, für den Produktaufbau bis hin zur sicheren und fehlerfreien Bedienung eines Produktes.

Angelo Schulz, Industrialdesigner B.A., GF defortec GmbH

Impressionen

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    Duerr EcoCore partscleaning — © defortec GmbH
  • Daimler MKV II human machine collaboration defortec GmbH1600x800s
    Daimler MKV II human-machine-collaboration — © defortec GmbH

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