Chancen für Design
- 10.01.2025
- Quelle: Redaktion
Eine chancenreiche Zeit für Designer:innen
Mit der neuen „Verordnung (EU) 2024/1781 zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Ökodesign-Anforderungen für nachhaltige Produkte“ (Ecodesign for Sustainable Products Regulation, ESPR)[1] werden Ökodesign-Anforderungen zur zentralen Leitlinie der Wirtschaft. Mit Inkrafttreten der ESPR am 18. Juli 2024 wurde die, bis dahin gültige, Richtlinie für Ökodesign auf nahezu alle Produkte, die in der EU in Verkehr gebracht werden, erweitert und EU-weit verordnet. Hiermit reagieren das Europäische Parlament und der Rat der EU auf die wachsenden sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen.
Ausgangspunkt für die ESPR ist der europäische Green Deal.[2] Ein zentraler Aspekt ist der Übergang von einer linearen Wirtschaft hin zu einem Kreislaufwirtschaftsmodell (Circular Economy, CE). Die Reduzierung des Ressourcenverbrauchs und die Steigerung der Energieeffizienz spielen bei der Umsetzung neuer Standards im EU-Binnenmarkt eine zentrale Rolle um die Dekarbonisierung, sowie das Erreichen der Klimaziele bis 2030 und 2050 voranzutreiben. Unter den 12 priorisierten Produktgruppen sind neben Eisen, Stahl, Aluminium und Textilien auch Möbel, energieverbrauchsrelevante Produkte (Überarbeitung), IKT- und weitere Elektronik-Produkte. Die ESPR wird Produzent:innen, Importierenden, Großhandelnden, Handelnden und Dienstleistenden grenzüberschreitend neue Geschäftsmodelle ermöglichen und den Zugang zu einer zuverlässigen Datentransparenz fördern.
Eine beratende Rolle nimmt das Ökodesign Forum ein. Ein Beratungsteam aus nationalen Expert:innen und Interessierten aus Industrie, Zivilgesellschaft und Wissenschaft, die sich bis Anfang Dezember bewerben konnten, wird die Kommission in der Ausarbeitung der Anforderungen und Prioritäten unterstützen. Über die kommenden 10 Jahre soll so die EU-Verordnung zu einem umfassenden Rechtsrahmen konkretisiert werden.
Mit dem Knowhow, energieeffiziente, kreislauforientierte und materialverbesserte Produkte und Systeme zu gestalten, wird Industrie-, Produkt- und UX-Design zur Schlüsseldisziplin und Transformationsagent der ESPR. So bezeichnet die Ressourcenkommission am Umweltbundesamt in ihrem Policy Paper Designer:innen u.a. als „Critical Makers“, „Life Cyclers“ und „Creative Catalysts“.[3] Die Integration von Aspekten Kreislaufwirtschaft, wie Reparierbarkeit und Funktionsbeständigkeit sind entscheidende Eckpunkte der ESPR, um den CO2- und Materialfußabdruck zu reduzieren und die Europäische Union unabhängiger von importierten Primärressourcen zu machen. Durch wirtschaftspolitische Bedingungen eines ressourceneffizienten Designs und die vermehrte Verwendung von recycelten oder biologisch abbaubaren Materialien eröffnen sich neue Möglichkeiten der Wertschöpfung in der Zusammenarbeit von Unternehmen und Designer:innen.
Zeitgleich wird der digitale Produktpass (DPP) weiterentwickelt, um über die gesamten Lebenszyklen Stoffströme transparent darzustellen. Darüber hinaus werden Standards zur Bewertung der Informationen eingeführt. Zurecht besteht im Rahmen der Einführung des DPP allerdings die Sorge vor der Pflicht zur Offenlegung internen Knowhows und einer unverhältnismäßigen administrativen Belastung.
Eine Herausforderung in der Zusammenarbeit von Unternehmen und Industrie-, Produkt- und UX-Design wird die Überführung der festgeschriebenen Ökodesign-Anforderungen in die Praxis, sodass keine unverhältnismäßigen Nachteile in der Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen entstehen. Erschwinglichkeit und vor allem auch die gesellschaftliche Akzeptanz neuer Modelle und Services werden über den Erfolg der Rahmenverordnung bestimmen.
Auch die durch die ESPR angestrebten zusätzlichen wirtschaftlichen Potenziale neuer nachhaltiger Geschäftsmodelle, wie bspw. den Product-as-a-Service Modellen müssen sich erst auf dem Markt etablieren. Auch hier gilt, Ästhetik und Funktionalität entscheiden über die gesellschaftliche Akzeptanz solcher Neueinführungen, sowie dem entsprechenden ökologischen Mehrwert und wirtschaftlichen Erfolg.
Was kommt: Die EU-Kommission wird bis März 2025 einen Arbeitsplan entwickeln, der alle Produktgruppen auflistet, für die in den kommenden 10 Jahren spezifische Verordnungen erarbeitet werden. Es wird erwartet, dass die ersten produktspezifischen Regelungen zur Umsetzung der Verordnung bis Ende 2025 in Kraft treten. Das Inkrafttreten der ESPR setzt den Maßstab für europaweite Leistungs- und Informationsanforderungen, die den gesamten Lebenszyklus von Produkten, Systemen und Services berücksichtigen. Wichtig ist bei ihrer Entwicklung darauf zu achten, dass Widersprüchliches in bestehenden Gesetzesvorgaben aufgelöst wird. Europäische Großunternehmen sowie KMUs brauchen für die Zukunft Planungssicherheit und genügend Freiheiten innovative Konzepte, gerade im Rahmen der ESPR, zu entwickeln. Industrie-, Produkt- und UX-Designer:innen haben dabei die Möglichkeit ihre Leistungen wirtschaftsfördernd einzubringen und beratend die Transformation der Wirtschaft zu einer zirkulären Wertschöpfung zu gestalten.
Frederike Kintscher-Schmidt, VDID Präsidentin
Zitierte Dokumente:
Europäische Kommission und Europäischer Rat: „Verordnung (EU) 2024/1781 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Ökodesign-Anforderungen für nachhaltige Produkte, zur Änderung der Richtlinie (EU) 2020/1828 und der Verordnung (EU) 2023/1542 und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/125/EG“, 13.06.2024.
European Environment Agency EEA: Resource nexus and the European Green Deal, Luxembourg: Publications Office of the European Union 2022.
Mareike Gast, Christa Liedtke und Barbara Schmidt: „Design als Gestaltungsagent einer sozial-ökologischen Transformation“, Umweltbundesamt, 2024.
Link / Zugriff am 15.12.2024 hier.
Quellen der Abbildungen unten:
European Environment Agency EEA
Abbildung zum Green Deal
16 ESPR-Anforderungen
[1] Europäische Kommission und Europäischer Rat: „Verordnung (EU) 2024/1781 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung eines Rahmens für die Festlegung von Ökodesign-Anforderungen für nachhaltige Produkte, zur Änderung der Richtlinie (EU) 2020/1828 und der Verordnung (EU) 2023/1542 und zur Aufhebung der Richtlinie 2009/125/EG“, 13.06.2024.
[2] European Environment Agency EEA: Resource nexus and the European Green Deal, Luxembourg: Publications Office of the European Union 2022.
[3] Gast, Mareike, Christa Liedtke und Barbara Schmidt: „Design als Gestaltungsagent einer sozial-ökologischen Transformation“, Umweltbundesamt, 2024, https://openumwelt.de/handle/123456789/10461 (zugegriffen am 15.12.2024).
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