Gespräch über Unternehmenserfolg
- 20.11.2024
- Quelle: Redaktion
Die Bedeutung von Designmanagement für den Unternehmenserfolg: Ein Gespräch über Herausforderungen und Chancen
Ein Interview mit Frans Joziasse, Gründungsdirektor PARK, durchgeführt von Linda Ruth Schmidt, VDID Vize-Präsidentin, am 29.10.2024
Erstmal herzlichen Dank Frans, dass du Dir die Zeit für das Interview nimmst. Heute möchte ich mir Dir über deutsche Unternehmen und den wirtschaftlichen Einfluss von Industriedesign sprechen. Kannst Du Dich bitte kurz vorstellen - wie Du an den Punkt gekommen bist, wo du jetzt gerade bist - bevor wir in die Fragen übergehen?
Das ist schon eine ganze Weile her. Ich habe ursprünglich in den Niederlanden an der Delft University Industrial Design studiert, wo ich auch bis 1994 gelebt habe. Während des Studiums habe ich, zusammen mit zwei Kollegen, eine eigene Designagentur gegründet – eigentlich aus einer glücklichen Fügung heraus, nachdem wir mit einer Business-Idee einen Preis gewonnen hatten und uns gesagt wurde: „Hier ist das Geld, macht was draus.“ So haben wir uns bis 1994 in Rotterdam auf klassisches Produktdesign fokussiert: Rollstühle, Straßenmöbel, Beleuchtung, Kochgeräte, Handys – für Kunden wie Eriksson und Siemens.
Mir ist klar geworden, relativ früh schon, dass viele Projekte nicht den gewünschten Markterfolg hatten oder sogar scheiterten. Ich war natürlich am Anfang als Designer davon überzeugt, dass es nicht am Design liegt, sondern an etwas anderem - eher an Faktoren im gesamten Prozess. Ich habe dann, etwas frustriert aber auch neugierig, angefangen zu hinterfragen, woran das liegen könnte – Marketing, Strategie, Zusammenarbeit von Design und Engineering? Doch in Gesprächen wurde mir oft gesagt: „Du bist Designer, du bist der Kreative. Bleib in deiner Box!“ Für mich war das unbefriedigend und so habe ich mich entschieden, aus der Agentur auszusteigen, die immerhin schon 30 Mitarbeitende groß war, und einen MBA in London zu machen. Mein Ziel war es, das „Business-Denken“ wirklich zu verstehen, denn mir war klar: Designer:innen werden ins kalte Wasser geworfen und das tiefe Wasser ist oft das Business.
Mit diesem Wissen gründete ich dann 1998 die Firma PARK, zusammen mit Tim Selders, mit der Idee, Design nicht mehr selbst umzusetzen, sondern als Brücke zum Business zu fungieren. Es war damals etwas Neues und nicht leicht, Kund:innen von der Idee zu überzeugen, weil Design Management und Design Leadership kaum bekannt waren. Nach ein paar Jahren und viel Engagement wurde dann auch klar, dass Design, wenn es strategisch besser eingebunden ist, einen viel stärkeren Impact haben kann – und das hat sich im Laufe der Zeit durchgesetzt.
Wie Du schon beschrieben hast, gibt es in der Konstellation zwei Seiten: die Business Kollegen:innen mit der Aussage „Wir Kreativen sollen in der Box bleiben.“ und die Designer:innen, die sich damit schwer tun, aus der Box überhaupt raus zu wollen. Jetzt sind wir mal hypothetisch und sagen, alle Designer:innen, sind bei Dir durch die Schule gelaufen und aus der Box raus. Wie siehst Du das Potenzial auf der Business-Seite? Hat sich im Laufe der Jahre etwas verändert?
Ja, das Potenzial auf der Business-Seite hat sich definitiv weiterentwickelt. Nicht nur durch unsere PARK Design Leadership Academy, mit nun 2.500+ Alumni, sondern auch allgemein. Die Weiterentwicklung hat auch durch die Designer:innen selbst stattgefunden, die jetzt einfach professioneller und auf Augenhöhe kommunizieren können. Alle zwei Jahre führen wir eine Umfrage unter unseren Alumni durch und das Feedback zeigt: Designer:innen, die unser Programm durchlaufen haben oder sich intensiver mit den Schnittstellen zwischen Business und Design beschäftigen, haben oft mehr Erfolg. Klar, es gibt Designer:innen, die ohne diese Erfahrung immer noch häufig frustriert wirken. Aber diejenigen, die mit diesen Cross-Section-Themen vertraut sind, berichten, dass sie mehr Einfluss haben und strategischer arbeiten können. Viele unserer Alumni arbeiten inzwischen mit höheren Budgets, sprechen auf Augenhöhe mit Führungsebenen und setzen Projekte um, die im Markt tatsächlich erfolgreich sind. Und das ist schließlich der wahre Prüfstein: Erfolg am Markt. Wir haben auch erfolgreiche Startups von ehemaligen Teilnehmer:innen gesehen, die nach dem Programm eigene Agenturen oder andere Unternehmen gegründet haben. Diese Alumni besetzen heute Positionen im Design Management und Design Leadership – ob in kleineren Unternehmen, im Mittelstand oder in großen Firmen. Aber es ist keineswegs ein Selbstläufer. Der Weg zu einer einflussreichen Position ist oft mühsam und von ständigen Kämpfen um Budgets, Ressourcen und Abteilungsprioritäten geprägt. Wenn man diesen Einfluss als Designer:in annimmt, wird man im Unternehmen sichtbarer und damit auch stärker hinterfragt. Früher konnten sich Designer:innen in kleineren Teams oft eher im Hintergrund halten. Doch wenn sie strategisch arbeiten und sich sogar an der Entwicklung von Geschäftsstrategien beteiligen, ist es nur natürlich, dass es mehr Reibungen gibt. Diese Machtkämpfe gehören jedoch dazu – sie sind ein Zeichen dafür, dass Design nun als strategischer Treiber wahrgenommen und immer mehr akzeptiert wird.
Die Erfahrung, dass in den oberen Geschäftsetagen die Luft extrem dünn wird, habe ich auch schon machen dürfen. Ich weiß nicht, ob Du den Begriff der "gläsernen Decke" kennst. Der wird zwar eher im Kontext von Frauenkarrieren verwendet, passt aber hier auch. Sagt Dir der Begriff etwas?
Ja, ich kann mir darunter etwas vorstellen, aber erkläre mir bitte nochmal, was Du genau damit meinst.
Das Phänomen der "gläsernen Decke" beschreibt, was vielen Designabteilungen oder einzelnen Designer:innen passiert. Sie stoßen an eine unsichtbare Grenze in der Unternehmenshierarchie. Es gibt dieses Bild von Fischen, die versuchen, an Futter zu gelangen, das durch eine gläserne Scheibe auf der Wasseroberfläche blockiert ist. Nachdem sie mehrfach gescheitert sind, geben die Fische schließlich auf. Ähnlich passiert es, wenn Designer:innen an den Punkt kommen, an dem ihr Einfluss in der Organisation erkannt wird, aber dann oft mit Widerstand konfrontiert sind, weil die etablierten Hierarchien sich bedroht fühlen.
Genau dieses „alte Denken“ versuchen wir aufzubrechen, indem wir Organisationen zeigen, dass das Silo-Denken, bei dem jede Abteilung ihr eigenes Königreich ist, langfristig weder effektiv noch nachhaltig ist. Für Design bedeutet das konkret, dass wir bei etwa 80 % unserer Kund:innen versuchen, das Konzept von Core-Teams einzuführen. Statt Design, Technik, Business und andere Bereiche isoliert zu halten, bauen wir interdisziplinäre Teams auf, die übergreifend und end-to-end gemeinsam verantwortlich sind. In diesen Core-Teams sitzen dann zum Beispiel ein Creative Lead, ein Technical Lead, ein Business Lead, ein Digital Lead und ein Project Lead. Sie tragen zusammen die Verantwortung für das gesamte Projekt und seinen Erfolg – und nicht nur für ihren jeweiligen Part.
Das Ziel ist, das alte Modell des ständigen „Handovers“ zu durchbrechen. Oft beginnt der Prozess damit, dass das Product Management eine Idee formuliert, Design gestaltet etwas darauf basierend, gibt es dann an Engineering weite und so weiter, bis es durch die Produktionskette gewandert ist. Dieses Modell ist heute einfach zu langsam und blockiert echten, nachhaltigen Erfolg.
Core-Teams sorgen für schnellere Abstimmungen, machen Unternehmen agiler, fordern das Systemdenken und ermöglichen es Designabteilungen, sichtbarer und als strategische Partner anerkannt zu werden – was letztlich allen Abteilungen zugutekommt und langfristig auch die gläserne Decke im Designbereich durchbricht. Es ist und bleibt aber ein langjähriger Weg.
Hast Du das Gefühl, dass sich deutsche Unternehmen hier positiv entwickeln? Ein zu langer langjähriger Weg kann für Unternehmen auch wirtschaftlich kritisch werden.
Das ist für mich schwierig einzuschätzen. Es gibt Unternehmen in Deutschland, die es inzwischen verstanden haben und die sich reorganisieren mit Agile Teams Setup. Wir haben drei Kunden, die die letzten drei, vier Jahre diese Neuorganisationsform sehr erfolgreich durchgeführt haben. Namen möchte ich jetzt hier natürlich nicht nennen. In skandinavischen Ländern ist das eine eher natürliche Form der Zusammenarbeit und diese Art der Arbeit - auch der Respekt der Designdisziplin gegenüber - ist sehr positiv.
Du drückst dich sehr vage aus. Hängt für Dich Deutschland in der in dieser Entwicklung hinterher? Also verglichen mit den skandinavischen Ländern, wo Du unterwegs bist?
Das hängt stark vom jeweiligen Unternehmen und seiner Führung ab. Ich möchte hier keine politische Debatte eröffnen, aber wenn wir ehrlich nach draußen schauen und die Nachrichten verfolgen, sieht man schon, dass Deutschland in einigen Bereichen hinterherhinkt – auch in der Art, wie Unternehmen strukturiert sind. Natürlich gibt es viele fortschrittliche Firmen, aber in manchen Fällen sind wir einfach zu langsam unterwegs und manchmal ist es auch schlichtweg zu spät.
Gerade die Integration von Design in multidisziplinäre Teams trifft hierzulande oft auf Widerstände. Da sehe ich Deutschland tatsächlich eher in einer defensiven Haltung, was die Verankerung von Design als strategisches Element angeht. Dabei ist das eigentlich ein sehr veraltetes Denken.
Was ich persönlich nicht verstehe: es gibt ein erprobtes Erfolgsrezept! Gerade in Deutschland sind einige Unternehmen in den 60er und 70er Jahren extrem wirtschaftlich erfolgreich gewesen. Ein visionärer Unternehmer in der Kombination mit einem kreativen Designer auf Augenhöhe. Ob das Lamy, Vitra oder Braun war. Apple hat dieses Erfolgsrezept kopiert. Steve Jobs und Jonathan Ive. Warum wird dieses Erfolgsrezept in Deutschland nicht mehr gesehen, warum schon fast abgelehnt? Wie siehst Du das?
Ja, meine Meinung dazu ist, dass der Fokus auf Gewinn und Return on Investment (ROI) oft zu stark im Vordergrund steht. Versteht mich nicht falsch, Profitabilität ist natürlich wichtig – Unternehmen müssen Geld verdienen. Aber es gibt auch eine Tendenz zur Risikovermeidung, die ich kritisch sehe. Risiko muss man als Unternehmer:in kontrollieren, ja, aber eine gewisse Risikofreude gehört genauso dazu. Und ich habe das Gefühl, dass vielen Unternehmer:innen in den letzten fünf bis zehn Jahren genau diese Risikobereitschaft abhandengekommen ist. Klar, es gibt Ausnahmen und gute Beispiele, auch hier in Deutschland, aber generell sehe ich da eine Zurückhaltung, die sich nicht nur auf Kosteneinsparung beschränkt.
Dabei bietet Design von Natur aus Methoden, die helfen, Risiken zu bewerten und zu minimieren. Design ermöglicht es, schon früh im Entwicklungsprozess bessere Entscheidungen zu treffen, die das Produkt für den Endverbraucher wertvoller machen und damit letztlich auch die Marke und den Unternehmenswert steigern. Aber ich befürchte, dass vielen Designer:innen noch immer das Verständnis fehlt, wie sie den Beitrag von Design in Zahlen ausdrücken und so ihre eigene Position im Unternehmen stärken können. Gerade wenn Unternehmen zunehmend zahlenorientiert werden, sollte Design zeigen, wie es zur Profitabilität beitragen kann – sei es durch Kosteneffizienz oder Wertsteigerung, z. B. in Form besserer Produkte und Kundenerlebnisse. Das ist messbar, das kann man berechnen, und das sollte man auch kommunizieren.
Ich denke, hier fehlt vielen Designer:innen das Business-Know-how, um diese Zusammenhänge überzeugend darzustellen. Es geht dabei nicht nur darum „Recht zu haben“, sondern tatsächlich zu beweisen, dass Investitionen in Design den Unternehmenserfolg fördern können.
Also dieses Gespräch auf Augenhöhe mit der Business-Ebene ist für dich immer noch nicht so erreicht, dass Designer:innen da wirklich gut diesen Dreiklang bilden können zwischen Design, Business und Technik.
Ja, ich sehe da großen Nachholbedarf. Oft lassen sich Designer:innen zu leicht einschüchtern, besonders wenn sie sich unsicher fühlen. Da kommen dann von anderen Abteilungen Kommentare wie „Mach das mal schön“ oder „Gestalte ein nettes Bild“ und plötzlich bleibt man in dieser Black Box gefangen, über die wir am Anfang gesprochen haben. Es ist oft einfacher, diesen Erwartungen nachzugeben, anstatt die Diskussion zu suchen.
Ein Beispiel: In unserem Programm gibt es das Modul „Designstrategie“. Darin bitten wir die Teilnehmenden, mit ihrer Geschäftsführung über die Unternehmensstrategie zu sprechen. Die Antworten sind oft ernüchternd. Einige sagen, die Strategie sei geheim, die Anderen verweisen auf die Website – nur, dass das dort Gezeigte oft generisch und austauschbar ist. Und wenn Designer:innen keinen Zugang zur Strategie haben, wie sollen sie dann gezielt ihre Arbeit darauf abstimmen? Ohne eine klare Unternehmensstrategie fehlt es ihnen an Orientierung.
Das beste Beispiel für Transparenz sind börsennotierte Unternehmen. In deren Geschäftsberichten findet man oft wertvolle Informationen über strategische Ausrichtungen. Diese zu lesen und zu verstehen, kann Designer:innen enorm helfen, weil man so besser einschätzen kann, wohin das Unternehmen will. Leider wissen Viele nicht, dass solche Ressourcen existieren oder wie man sie nutzt.
Ohne diese Einsicht arbeiten Designer:innen oft jahrelang an Projekten, ohne jemals zu erfahren, ob das Ergebnis erfolgreich war. Es fehlt das Kunden- oder Nutzerfeedback, aus dem sie lernen könnten. Viele Unternehmen vermeiden diese Fragen aus Angst vor negativen Ergebnissen – da wird dann lieber ein:e Schuldige:r gesucht, als aus den Ergebnissen gelernt. Doch darum geht es im Design nicht; es geht nicht um Schuld, sondern um Verbesserung und das Lernen.
Und da muss man sich fragen: Warum sind einige Länder wie die USA oder China in manchen Bereichen so erfolgreich? Es liegt auch an deren offener Kultur. Dieser Lerneffekt, diese Bereitschaft, über Fehler zu sprechen und besser zu werden, fehlt in vielen unserer Unternehmen – und das ist einfach nicht mehr zeitgemäß.
Wenn Design in einem Unternehmen funktioniert, was sind die Voraussetzungen in einem Unternehmen, damit Design fruchtet?
Damit Design in einem Unternehmen wirklich fruchtet, sind meiner Meinung nach einige klare Voraussetzungen nötig.
Erstens: Ein Top-Down-Mandat. Natürlich kann man auch versuchen, von unten ein Mandat aufzubauen, aber das dauert lange und ist oft mühsam. Noch dazu kann es leicht durch einen Führungswechsel wieder verloren gehen. Ein Mandat sollte also so hoch wie möglich in der Hierarchie verankert sein. Wenn das nicht möglich ist, muss man eben selbst den Wert von Design schrittweise beweisen. Dann geht es oft um Zeitinvestitionen, auch abends und am Wochenende, um Projekte zu realisieren, die zeigen, wie Design dem Unternehmen nützt. Das ist wie ein gutes Essen in der Küche kochen – der Duft muss sich im Unternehmen verbreiten, bis irgendwann Andere sagen: „Das riecht gut, das will ich auch!“ Wichtig ist auch, Verantwortung mit Überzeugung zu übernehmen, also nicht nur die Entscheidungsrechte, sondern auch die „Accountability“ (FJ: Rechenschaft?). Wenn Design wirklich strategische Verantwortung tragen soll, muss das auch bedeuten, dass Designer:innen den Kopf hinhalten, wenn es nicht klappt.
Zweitens: Design sollte nicht als Sonderdisziplin betrachtet werden. Natürlich ist Design wichtig, aber viele andere Bereiche in einem Unternehmen sind das ebenfalls. Daher sollten Designer:innen gezielt interdisziplinäre Netzwerke aufbauen und aktiv mit anderen Abteilungen zusammenarbeiten, anstatt sich im Designbereich zu verschanzen. Hier zum Thema Apple: Apple is not a design driven company. It's driven by money and technology. Design ist natürlich wichtig für Apple. Die wissen halt nur viel besser, wie Design effizient und wirtschaftlich eingebunden wird.
Drittens: Es braucht Storytelling und messbare Nachweise für den Wert von Design. Gutes Design verkauft sich nicht von selbst. Designer:innen brauchen aussagekräftige Argumente und konkrete Zahlen, um den Wert ihrer Arbeit zu verdeutlichen. Das fängt mit simplen Dingen an: Wie viele Projekte wurden abgeschlossen, blieben im Budget und waren erfolgreich am Markt? Ohne solche Zahlen bleibt Design im Unternehmen oft ein rein operativer Service.
Zum Schluß möchte ich auch noch betonen: Designer:innen müssen das Business verstehen. Business-Savviness ist unverzichtbar. Nur wer das Unternehmen und dessen Ziele wirklich versteht, kann Design sinnvoll in die Unternehmensstrategie einbinden. Auch die Zusammenarbeit in multidisziplinären Teams ist essentiell – so wird Design zu einem echten Werttreiber statt zu einem Service am Ende der Prozesskette, um ein Produkt nur noch „schön“ oder „benutzerfreundlich“ zu machen. Dazu gibt es in unser Programm ein Modul "Design Value" mit dem Kerntool „Design Value Canvas“.
Jetzt zu meiner letzten Frage für heute: Es ist Weihnachten und Du darfst Dir jetzt etwas Kreatives wünschen in zweierlei Hinsicht: einmal für die Designer:innen dieser Welt und einmal für die Unternehmen dieser Welt. Was wären das für Wünsche?
Wenn ich an die Zukunft des Designs im Unternehmenskontext denke, wünsche ich mir zunächst, dass Designer:innen echte Erfolge erleben – dass sie Produkte, Software und Dienstleistungen schaffen, die bei der Gesellschaft und den Endverbrauchenden wirklich ankommen. Das ist entscheidend, denn ohne sichtbare Erfolge kann man als Designer:in nach Jahren der Mühe auch mal ausbrennen.
Ich würde mir außerdem wünschen, dass Designer:innen aufhören, mit dem Finger auf andere Abteilungen zu zeigen. Sie betonen oft, wie wichtig Empathie für die Endverbrauchenden ist – dabei wäre Empathie für Stakeholder im Unternehmen ebenso wichtig. Anstatt sich über Widerstände zu beklagen, könnten Designer:innen mehr danach fragen, warum Andere so reagieren. Wer die Perspektiven und Beweggründe der Kolleg:innen besser versteht, kann leichter auf Augenhöhe agieren und sogar Probleme vorwegnehmen.
Ein Modell, das wir in diesem Zusammenhang nutzen, ist das "Design Leadership Dreieck", das auf drei Säulen beruht: Business Intelligence, Emotional Intelligence und Creative Intelligence. Kreative Fähigkeiten bringen viele Designer:innen bereits mit, doch ich wünsche mir, dass sie auch in Business Intelligence und Emotional Intelligence investieren. Die richtige Balance zwischen diesen drei Aspekten ist wichtig, um Design erfolgreich zu integrieren. Dieses Thema wird auch in unserem Modul "Design Leadership" behandelt.
Für deutsche Unternehmen wünsche ich mir mehr Mut zur Expansion und mehr Bereitschaft zu investieren. Oft scheint es, als hätte man Angst vor neuen Märkten und Kulturen, was besonders im Kontext der Globalisierung problematisch ist. Ich erlebe immer noch Unternehmen, die mit einer überheblichen oder engstirnigen Sicht auf internationale Märkte schauen. Um global wirklich erfolgreich zu sein, sollten sie verstehen, was in anderen Ländern vor sich geht und was dort gefragt ist – und nicht nur ihre Produkte einfach global vermarkten wollen. Also die Sicht auch auf die Anwendenden schärfen, um deren Bedürfnisse zu verstehen und diese in den Produkten umzusetzen.
Es ist auch an der Zeit, dass deutsche Unternehmen sich von einer rein technologiegetriebenen „Inside-Out“-Sicht verabschieden. Sie sollten mehr „Outside-In“ denken: Was brauchen die Menschen wirklich? Gerade in der Automobilbranche ist das Versäumnis offensichtlich. Statt den konservativen deutschen Autofahrer als Maßstab zu nehmen, wäre es sinnvoller, zukunftsorientiert zu denken und auf international gefragte Innovationen zu setzen und sie durchzusetzen!
Und schließlich wünsche ich mir, dass Unternehmen weniger vom Staat abhängig sind. Die vergangenen Jahre, von Covid-Hilfen bis hin zu Förderprogrammen, haben gezeigt, dass manche Firmen zunehmend vom Staat getragen werden. Doch wahre Unternehmermentalität bedeutet Eigenverantwortung, nicht Abhängigkeit. Die Politik wird sich immer ändern und Unternehmen sollten in der Lage sein, eigenständig und flexibel darauf zu reagieren, ohne sich in einer Opferrolle zu sehen.
Insgesamt sehe ich Design als einen Schlüsselfaktor, der Unternehmen helfen kann, mutiger, agiler und globaler zu agieren – das Potenzial ist da, aber die Denkweise muss sich weiter öffnen.
Frans, herzlichen Dank für Deine Zeit und Deine offenen und ehrlichen Antworten.
Linda Schmidt, VDID Vize-Präsidentin
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