Die Kraft der Farbe / Colour Energy
- 14.11.2023
- Quelle: Region
oder – Muss ein Fahrzeug mit zu viel CO2 Ausstoß vor Scham erröten?
Die Kraft der Farbe und Aspekte der Farbgestaltung am dreidimensionalen Objekt werden unter anderem am Projekt COLOUR ENERGY präsentiert.
Das Projekt entstand 2019 am Studiengang Industrial Design der Folkwang Universität der Künste in Kooperation mit der BASF Coatings GmbH, um Farbkonzepte für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben zu erarbeiten.
"Farbe ist ein höchst relatives Medium der Gestaltung" – Josef Albers*
Farbe ist relativ zum Betrachter, relativ zu ihrer Umgebung, zu benachbarten Farben und relativ zum Licht. Nach Albers sind dies die drei wichtigsten Einflussfaktoren auf die Wirkung und Wahrnehmung von Farben. Sein Zitat beschreibt, wie subjektiv wir Farbe wahrnehmen. Er sagte, dass sich gute Farbgestaltung mit gutem Kochen vergleichen ließe: „Auch ein gutes Kochrezept verlangt wiederholtes Kosten und das beste Probieren hängt ab von einem Koch mit Geschmack"– Nur durch wiederholtes Anmischen, Vergleichen und durch intensive Anwendung lässt sich ein Gespür für den Umgang mit Farbe erlangen.
Beim Umgang mit Farbe am dreidimensionalen Objekt kommen weitere Aspekte hinzu: Wie beeinflusst die Farbe die Wahrnehmung einer dreidimensionalen Form? Unterstützt sie die Wahrnehmung der Form oder erzeugt sie Unklarheit oder gar Täuschung, wie zum Beispiel bei der Camouflage? Wie erzeugt man Signalwirkung? Wie beeinflusst der Einsatz unterschiedlicher Materialien die Wahrnehmung der Farbe? Wie verändern Licht und Schatten die Farbe eines Objekts? Wie werden Perspektiven oder Distanzen durch Farbe beeinflusst?
Bewusste Farbgestaltung am konkreten Objekt stellt eine zentrale Herausforderung für Studierende aber auch für praktizierende Designer:innen dar. Häufig stehen bei der Gestaltung von Produkten konzeptionelle, konstruktive, nutzungs-, kontext- und materialorientierte Anforderungen im Vordergrund und nicht selten findet die Farbe erst ganz zum Schluss Beachtung. Dennoch sollten Designer:innen die Kraft der Farbe verstehen, um sie von Anfang an zu berücksichtigen.
Um Farbe besser zu begreifen, lohnt sich die Auseinandersetzung mit der Arbeit zeitgenössischer Künstler:innen und Designer:innen. So lassen sich beispielsweise in den Arbeiten von Donald Judd, Olafur Eliasson, Gerhard Richter, aber auch bei dem niederländischen STUDIO RENS und der jungen Designerin Sabine Marcelis, Methoden experimenteller und explorativer Auseinandersetzung mit Farbe entdecken.
Beim Projekt „COLOUR ENERGY - Farben für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben“ ging es 2019 darum, herauszufinden, ob und wie durch Farbgestaltung die Attraktivität emissionsarmer Fahrzeuge gesteigert werden kann. Trotz des Klimawandels, politischem Willen und einer Automobilindustrie, die zwar spät aber endlich doch daran arbeitete, Alternativen zu Individualfahrzeugen mit Verbrennungsmotoren anzubieten, zeigte das Kaufverhalten der Deutschen 2019 noch keine nennenswerte Steigerung in Richtung Fahrzeugen mit alternativen Antrieben. Die Gründe dafür liegen sicher bis heute eher an der mangelnden Infrastruktur (Ladesäulen) und den für viele zu hohen Preise der Fahrzeuge mit alternativen Antrieben als an deren Farbgestaltung. Dennoch ist das Auto in unserer Gesellschaft ein Produkt, dessen Kauf häufig über emotionale Faktoren entschieden wird. Farbe ist ein starker Emotions-Träger und ruft sofort Reaktionen beim Betrachter hervor. Eventuell kann die farbliche Unterscheidung der Fahrzeuge mit alternativen Antrieben das Bekenntnis ihrer Fahrer:innen zum Beitrag zur Reduktion von CO2 Emissionen sichtbar machen.
Wie aber findet man das passende Farbkonzept, das sich von dem der Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren unterscheidet? Wie können die Vorlieben unterschiedlicher Nutzergruppen berücksichtigt werden? – Und wie kann man die Farbkonzepte darstellen, ohne ganze Fahrzeugentwürfe vorwegzunehmen? Nicht zuletzt stellt sich die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Farbe und Nachhaltigkeit, einem so gut wie unerforschten Feld.
In dem Studienprojekt mit dem 2. Sem ID der Folkwang UdK wurde mit Methoden der Feldforschung und mit ungewöhnlichen Darstellungsformen Farbkonzepte für unterschiedliche Benutzergruppen formuliert und in Modelle transformiert. Die Ergebnisse und Herangehensweisen waren als Anregungen zu verstehen, mit deren Hilfe BASF Coatings das Feld der Farbgestaltung für Fahrzeuge mit alternativen Antrieben bei der Automobilindustrie erfahrbar machen konnte.
Im Vortrag „Die Kraft der Farbe“ wurden im Rahmen der VDID Mitgliederversammlung in Köln, am 25. November die Prozesse, Methoden und Ergebnisse dieses Projekts rückblickend in der Designpost Köln vorgestellt und reflektiert.
Prof. Marion Digel, Folkwang Universität der Künste
(*aus: Interaction of colours – Grundlegung einer Didaktik des Sehens; Josef Albers)
Impressionen
Abonniere den VDID Newsletter
Trage Deine E-Mail-Adresse hier ein, um den VDID Newsletter zu abonnieren.